Evangelium oder „Evangelikalium“?

Anmerkungen zur modernen evangelikalen Verkündigung am Beispiel des Traktats „Schritte zum Frieden mit Gott“ (ProChrist 2000)

Es ist was faul im Staate Dänemark.“ (Shakespeare, Hamlet)

Nicht nur im Dänemark von Shakespeares Hamlet ist etwas faul, sondern auch bei der Evangeliumsverkündigung der Evangelikalen. Daß diese sehr im Argen liegt, soll auf den folgenden Seiten am Beispiel des ProChrist-Traktats „Schritte zum Frieden mit Gott“ verdeutlicht werden. Hierbei handelt es sich im Grunde genommen um eine leicht abgewandelte Version des Traktats „Gott persönlich kennenlernen“ von Campus für Christus. Mehr noch als dieses zeigt die ProChrist-Version eine deutliche Verkürzung der biblischen Lehren auf.

Schritt 1 – „Der Plan Gottes: Frieden und erfülltes Leben“

Das Traktat beginnt anthropozentrisch (der Mensch steht im Mittelpunkt) und nicht wie die Bibel theozentrisch bzw. christozentrisch (Gott bzw. Christus steht im Mittelpunkt). Frieden mit Gott wird als nötig bezeichnet, damit wir „Frieden und ein erfülltes Leben“ haben können und unser Leben „bleibenden Sinn“ hat (S. 2). Das ist zwar an sich nicht verkehrt, jedoch aus biblischer Sicht nur nebensächlich und blendet die Lage des Menschen als vollkommen verdorbenen und hoffnungslos verlorenen Sünder völlig aus.

Die Bibelzitate dazu auf S. 3 sind z.T. dermaßen aus dem Zusammenhang gerissen, daß sie selbst der zitierten freien Übertragung „Hoffnung für alle“ Gewalt antun (diese verwässert an sich schon die biblische Lehre schlimm genug). So etwa Römer 5,1b: „Wir haben Frieden mit ihm (Gott). Wem verdanken wir das? Allein Jesus Christus.“ Hierdurch kann beim Leser der Eindruck erweckt werden, jedermann habe dank Jesus Christus bereits Frieden mit Gott. (Man mag fragen: Warum soll man sich da noch bekehren?) Dieses Schriftwort richtet sich jedoch an solche, die bereits durch den Glauben an Jesus Christus gerettet sind.a

Daß vor der Feststellung: „Wir haben Frieden mit Gott“ erst einmal der Bußruf „Laßt euch versöhnen mit Gott!“ und eine erfolgte Umkehr stehen müssen, und daß wir das nötig haben, um nicht von Gott aufgrund unserer Sünde ewig verdammt zu werden, fällt vollkommen unter den Tisch.

Auch der zitierte Halbsatz aus Joh 10,10 scheint (ohne den dazugehörigen Zusammenhang) nur zur Unterstreichung eines rein diesseitigen, auf die vermeintlichen Bedürfnisse des Menschen zugeschnittenen „Evangeliums“ zu dienen. In die gleiche Richtung geht der Satz: „Heute bietet Gott uns seinen Frieden und ein erfülltes Leben an. Warum gehen trotzdem nicht alle Menschen auf dieses Angebot ein?“ Ist Gott etwa ein gutmütiger Opa, der den Menschen seinen Frieden wie Sauerbier anbietet? Doch Gott bietet nichts an; er gebietet (= befiehlt!) den Menschen, zu ihm umzukehren, da er sie sonst richten wird!

Schritt 2 – „Das Grundproblem des Menschen: Trennung von Gott“

Hier wird fortgefahren, die biblischen Lehren zu verwässern. „Das Grundproblem des Menschen“ sei die „Trennung von Gott“. Am Ende von Seite 3 wird kurz gesagt: „Die Bibel nennt das Sünde.“ Doch was Sünde tatsächlich ist – wesentlich mehr als nur eine „Trennung von Gott“, nämlich Unglaube, Übertretung der Gebote, Gesetzlosigkeit, aus dem tiefsten Wesen des Menschen kommende Feindschaft und Rebellion, ja Haß gegen Gott – wird nicht gesagt.

Im Schaubild auf S. 4 und 5 steht sogar auf der einen Seite: „Mensch (sündig)“, auf der anderen: „Gott (heilig)“. Was das aber bedeutet, wird auch nicht erklärt. Daß die Sünde des Menschen angesichts der Heiligkeit Gottes dessen Zorn und Verdammungsurteil herausfordert, wird hier ebenfalls verschwiegen. Zwar werden auf S. 5 Röm 3,23 und 6,23 angeführt, doch drückt sich die zitierte „Hoffnung für alle“ an diesen Stellen derart schwammig aus, daß deren Aussage gründlich vernebelt wird.

Was die Folge der Sünde ist – nämlich Gottes Zorngericht und die ewige Verdammnis des Sünders, also dessen niemals endende Bestrafung im Feuer der Hölle –, wird völlig unterschlagen. Etwa weil man meint, dies glaubten die Leute heute sowieso nicht mehr und nähmen, würde man es erwähnen, die gesamte Botschaft nicht mehr ernst? Doch eine solche scheinbare Klugheit ist tatsächlich eine Torheit; denn keiner hat mehr und eindringlicher über die Realität der Hölle gepredigt als der Herr Jesus selbst! Niemand kann sagen, er glaube an Jesus, wenn er dessen Worten nicht glaubt. Wer daher an der Botschaft vom Gericht Anstoß nimmt, für den ist auch die Botschaft vom Kreuz vergebliche Mühe; das hieße im wahrsten Sinne des Wortes, Perlen vor die Säue zu werfen.

Eine weitere Verharmlosung ist der Satz: „Die Menschen haben auf verschiedene Weise versucht, diese Trennung zu überwinden ... aber ohne Erfolg.“ Im Schaubild daneben werden als Beispiele „gute Taten“, „Religiosität“ und „anständiges Leben“ aufgeführt. Das ist zwar an sich nicht falsch; doch nach wie vor wird der Leser nicht nur über seine völlige Verdorbenheit und Verlorenheit im Dunkeln gelassen, sondern auch darüber, daß diese religiösen Bemühungen vor Gott nicht nur vergeblich, sondern ihm als Selbstgerechtigkeit bzw. Götzendienst sogar ein Greuel sind (vgl. Lk 18,9-14; 5Mo 27,15; Ps 96,5)!

Der zu Schritt 3 überleitende Satz: „Es gibt nur eine Lösung“ (S. 5) mag zwar in evangelikalen Ohren gut klingen (und in der Tat ist Jesus Christus Gottes einziger Weg zum Heil!), doch was soll das nützen, wenn noch gar nicht klar ist, wofür eigentlich eine Lösung nötig ist? Im Bilde gesprochen: Ohne richtige Diagnose keine richtige Therapie; ohne richtige Therapie keine Heilung!

Schritt 3 – „Gottes Antwort: Jesus Christus“

Schritt 3 kommt also für denjenigen Leser zu früh, der kein klares biblisches Verständnis von Sünde und Verlorenheit hat. Wer sich bekehren soll, muß auch wissen, warum und zu wem er sich bekehren soll. Immerhin, hier findet sich noch die klarste Aussage im ganzen Heftchen. Selbst die auf S. 7 zitierten Bibelverse geben den Originalsinn recht treffend wieder. Daran gibt es nichts auszusetzen.c Was man aber bemängeln muß, ist die allzu knappe Darstellung. Einem heutigen Durchschnittsheiden muß erst einmal erklärt werden, warum und wozu der Opfertod Jesu überhaupt nötig war.

Eines der größten Defizite dieses Heftchens ist auch, daß die Auferstehung Christi völlig verschwiegen wird. Ohne die Auferstehung Jesu aber ist das ganze Evangelium vollkommen wertlos (1Kor 15,14.17)!

Ebenso unzureichend (wie bereits oben erwähnt) ist der Ausdruck „Gott bietet uns diesen einen Weg an.“ Der Glaube an Christus ist wie gesagt kein (unverbindliches) Angebot Gottes, sondern ein Befehl. Gut aber ist, daß hier betont wird: Jesus Christus ist der einzige Weg zu Gott. Ebenso, daß es unsere Verantwortung ist, an Jesus Christus zu glauben.d Dies führt uns zu „Schritt 4“:

Schritt 4 – „Die Antwort des Menschen: Christus annehmen“

Was ich hierzu sagen muß, wird vermutlich die meisten Leser schockieren: Besonders in diesem Punkt wird unter den Evangelikalen bereits seit Jahrzehnten vielfach ein falsches Evangelium verkündigt, so daß diese oft sogar das biblische Evangelium für ein „anderes Evangelium“ halten.

Darum eine kurze Gegenüberstellung der biblischen Lehre und der veränderten Botschaft der Evangelikalen, wie man sie immer mehr bei ProChrist, aber auch bei anderen „Evangelisationen“ zu hören bekommt (ich will sie einmal „Evangelikalium“ nennen):

Biblisches Evangelium

„Evangelikalium“

Kommentar

Gott ist der Schöpfer aller Dinge und hat unwandelbar festgelegt, was Gut und Böse ist.

Gott liebt dich und hat einen wunderbaren Plan für dein Leben.

Natürlich ist Gott Liebe und will das Beste für den Menschen, doch er ist auch heilig und darf nicht auf einen gutmütigen, verhinderten Wohltäter reduziert werden.

Der Mensch, ursprünglich gut geschaffen, fiel aus freien Stücken von Gott ab und ist seitdem durch die Sünde völlig verdorben und daher verloren. Er ist vollkommen unfähig, Gott zu gefallen, und von sich aus weder willens noch fähig, zu Gott umzukehren.

Der Mensch ist ein bedauernswertes Wesen, das durch die (wenn auch selbstverschuldete) „Trennung von Gott“ daran gehindert wird, glücklich zu sein.

Das „Evangelikalium“ ist nicht die Botschaft der Bibel, sondern der Aufklärung: Befreiung des (grundsätzlich guten) Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Man könnte auch ironisch sagen: Armes Menschlein, Gott muß ja böse sein, wenn er dich für dein Unglück auch noch bestraft!

Sünde ist Rebellion gegen Gott, Unglaube, Ungehorsam, Übertretung des Gesetzes Gottes, Haß gegen Gott.

Sünde ist das, was uns kaputt macht und uns daran hindert, ein erfülltes Leben zu haben.

Natürlich macht die Sünde uns kaputt, doch das „Evangelikalium“ stellt den Menschen in den Mittelpunkt, die Bibel hingegen Gott und seine Ehre.

Die Folge der Sünde ist der Tod sowie das gerechte Gericht Gottes und die immerwährende Strafe im Feuer der Hölle.

Die Folge der Sünde ist (falls überhaupt noch erwähnt) die „ewige Trennung von Gott“.

Was die „ewige Trennung von Gott“ sein soll, wird meist nicht gesagt. Für einen Sünder muß das ja geradezu attraktiv klingen, denn was will er lieber, als Gott ewig los zu sein? Er will nur nicht bestraft werden!

Gott selbst wurde in der Person Jesu Christi wahrer Mensch, doch ohne Sünde. Durch seinen Tod am Kreuz trug Christus ein für allemal die Sünde aller, die an ihn glauben. Durch Jesu leibliche Auferstehung hat Gott sein Opfer bestätigt.

Gottheit, Menschwerdung, Sündlosigkeit, Kreuz und Auferstehung Christi kommen – je nach Evangelist – nur noch mehr oder weniger deutlich vor.

Daß viele Evangelikale das Einstreuen frommer Worthülsen in eine Predigt schon für biblische Verkündigung halten, offenbart einen traurigen geistlichen Tiefstand.

Jesus Christus ist leiblich zum Himmel aufgefahren und wird von dort wiederkommen, um die Toten aufzuerwecken und alle Menschen zu richten.

Ob überhaupt noch und wenn ja wie deutlich diese Lehren verkündigt werden, hängt vom jeweiligen Evangelisten ab.

Die Verkündigung der Wiederkunft Jesu und des jüngsten Gerichts hat in vielen Kreisen schon Seltenheitscharakter.

Gott befiehlt den Menschen, mit der Sünde radikal zu brechen und im Glauben an das Heilswerk Christi zu ihm umzukehren.

Gott bietet den Menschen das Heil an. Der Mensch soll bereit sein, sich von der Sünde abzuwenden.

Zwischen einem Befehl und einem Angebot zur Umkehr, zwischen bloßer Bereitschaft und tatsächlicher Abkehr von der Sünde ist ein bedeutender Unterschied!

Der Mensch glaubt an (= vertraut auf) Christus allein und an sein ein für allemal vollbrachtes Werk am Kreuz. Aufgrund dieses Glaubens spricht Gott den Gläubigen gerecht; diese Errettung kann man weder verdienen, noch ist sie das, was wir verdienen; sondern sie ist allein das Gnadengeschenk Gottes (Eph 2,8ff).

Der Mensch vertraut darauf, daß Gott ihn aufgrund seines Übergabegebets annimmt. Hat er durch Sünde ein schlechtes Gewissen und so die Heilsgewißheit verloren, vollzieht er erneut eine sog. „Lebensübergabe“.

1. Das „Evangelikalium“ ist heidnisch-magisches Denken, denn der Mensch vertraut auf die Macht seines Übergabegebets statt auf Christus allein!

2. Wer nicht glaubt, daß Christus alles für ihn getan hat, muß sich immer wieder „bekehren“. Dadurch wird der Wert des Opfers Jesu geschmälert und letztlich die Errettung von menschlicher Frömmigkeit abhängig gemacht (hiermit soll der Ernst der Sünde keineswegs verharmlost werden; s.o.).

Jesus nimmt den Sünder an.

Der Mensch nimmt Jesus an.

Subjekt (Handelnder) und Objekt (Gegenstand) des Heils werden hier vertauscht: Jesus ist nicht mehr der, der das Heil bringt, sondern der Mensch nimmt es sich; Jesus wird so dem Menschen verfügbar gemacht. Doch das ist nicht der wahre, biblische Jesus; er ist der Herr, nicht wir!


Besonders die letzte Zeile mag vielen Evangelikalen unverständlich erscheinen; ich habe sie bewußt sehr zugespitzt formuliert und will nun näher darauf eingehen.

Nirgends lehrt die Bibel, man würde durch einen Akt des „Christus aufnehmen“e, „Jesus in sein Herz lassen“, „ihm die Tür seines Herzens öffnen“ usw. Christ werden. Die Bibel spricht stets von Buße (d.h. Umkehr) und Glaube an den Herrn Jesus als dem Weg, wodurch wir allein errettet werden. Die oft zitierten Bibelstellen Joh 1,12 und Offb 3,20 werden hierfür aus dem Zusammenhang gerissen und mißbraucht.

Offb 3,20

Offb 3,20 ist nicht an Ungläubige gerichtet, sondern an Gläubige, die so lau geworden sind, daß der Herr bereits droht, ihrer Gemeinde den Garaus zu machen. Doch sie sind immer noch Gotteskinder, denn in V.19 spricht der Herr zu denselben Leuten: „Ich überführe und züchtige die, die ich liebe. Sei nun eifrig und tue Buße!“ Gezüchtigt werden aber immer nur die eigenen Kinder, nicht fremde:

Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt aber jeden Sohn, den er annimmt. Was ihr erduldet, dient der Züchtigung: Gott behandelt euch als Söhne. Denn wer ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, welcher alle teilhaftig geworden sind, dann seid ihr Bastarde und nicht Söhne“ (Hebr 12,6ff).

Wenn wir aber gerichtet werden, dann werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verdammt werden“ (1Kor 11,32).

Joh 1,12

Auch dieser Vers wird in seiner häufigen „evangelistischen“ Anwendung mißbraucht. Der Zusammenhang macht das sehr deutlich:

Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn;
doch die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein eigenes ‹Volk›,
doch die Seinen nahmen ihn nicht an.
Denen aber, die ihn annahmen, gab er das Vorrecht, Kinder Gottes zu werden:
‹Denen›, die an seinen Namen glauben.

Sie sind es weder durch Abstammung,
noch ‹weil sie es› von ‹ihrer sündigen› Natur aus gewollt hätten,
noch ‹weil es› ihr leiblicher Vater gewollt hätte;
sondern sie sind von Gott gezeugt.

Hier wird also keineswegs gesagt (wie oft behauptet), daß wir durch einen Akt des „Annehmens Christi“ oder eines besonderen „Lebensübergabe-Gebets“ zu Gotteskindern würden; vielmehr ist es so: „Annehmen“ steht in Joh 1,12 gleichbedeutend mit „glauben“. Diejenigen, die an Jesus als den Messias glauben, werden Kinder Gottes genannt – im Gegensatz zu denen, die sich aufgrund ihrer leiblichen Abstammung von Abraham dafür hielten, aber Jesus als Messias verwarfen (vgl. Joh 8).

Dasselbe lehrt die Bibel auch an anderer Stelle:

... denn ihr alle seid Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus“ (Gal 3,26).

... die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes ... Das aber ist das Wort, das euch als Evangelium verkündigt wurde“ (1Pet 1,23.25).

Ein anderes Beispiel ist der Haushalt des römischen Hauptmanns Cornelius: „Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten“ (Apg 10,44) – ohne vorheriges „Übergabegebet“. Oder der Kerkermeister von Philippi. Auf seine Frage: „Meine Herren, was muß ich tun, damit ich errettet werde?“ antworten Paulus und Silas nicht: „Du mußt folgendes Gebet sprechen“, sondern:

Sie aber sprachen: ‘Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus.’ 32 Und sie redeten das Wort des Herrn zu ihm und allen, die in seinem Haus waren ... und er ließ sich und alle seine Angehörigen sofort taufen. Und er ... freute sich, daß er mit seinem ganzen Haus an Gott gläubig geworden war“ (Apg 16,31ff).

Das soll nicht heißen, daß sich eine Bekehrung auch in einem „Lebensübergabe-Gebet“ ausdrücken kann (vgl. z.B. Röm 10,8-13); doch ein solches Gebet an sich macht noch niemanden zu einem Gotteskind.

Ich bitte um Entschuldigung, daß ich so weit ausholen mußte, aber ich hoffe, daß hierdurch mein letzter Hauptkritikpunkt am ‘Evangelikalium’ deutlich wird:

Das Vertrauen des Lesers wird nicht auf Christus allein und sein ein für allemal vollbrachtes, vollkommenes Opfer am Kreuz auf Golgatha gelenkt, sondern auf die Frömmigkeit des Menschen selbst, auf seinen Akt des „Christus Annehmens“.

Auch auf S. 11, wo es um die Frage der Heilsgewißheit geht, wird dem Leser nochmals suggeriert, er habe das ewige Leben durch dieses Gebet empfangen (auf die Verunstaltung von 1Jo 5,12f durch die „Hoffnung für alle“ sei nur am Rande hingewiesen). Doch ohne vorausgehenden Glauben an Christus ist ein solches Gebet vollkommen nutzlos, wie Jakobus schreibt:

Er bitte aber im Glauben, ohne zu zweifeln; denn der Zweifler gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird. Jener Mensch soll nämlich nicht meinen, er werde etwas vom Herrn empfangen; ist er ‹doch› ein wankelmütiger Mann ‹und› unbeständig in allen seinen Wegen“ (Jak 1,6ff).

Um einmal Kant zu zitieren: „Hundert gedachte Taler sind keine hundert wirklichen Taler.“ Das heißt hier: Eine eingebildete Errettung ist keine wirkliche Errettung!

Zusammenfassung

Wen wundert es noch angesichts eines solchen „Evangeliums“, das diesen Namen nicht mehr verdient, daß es in den Gemeinden immer trostloser aussieht? Sie sind voll solcher, die sich durch die Predigt eines falschen Evangeliums „bekehrt“ zu haben meinen, doch haben diese Menschen sich zu einem falschen Glauben bekehrt.

Spurgeon formulierte es einmal sehr treffend: „Eine Umkehr, die nicht zu Christus hin geschieht, bedarf der Umkehr.“ Ein solcher „Bekehrter“ mag sich ehrlich und aufrichtig für einen Christen halten, doch er ist es nicht. Viel schlimmer: Er ist nach wie vor ein verlorener Sünder auf dem Weg zur Hölle, doch gegen jeden Ruf zur Umkehr immun, da er ja meint, ein Gotteskind zu sein.

Daß es viele dieser Betrogenen mit ihrem „Glauben“ ernst meinen, ändert an der Sache nichts. Wer sich irrt und es dabei ernst meint, hat deshalb nicht Recht, sondern befindet sich in einem ernsthaften Irrtum.



© 2005-2007 beim Autor. Leicht überarbeitete Fassung vom 27.11.07 (bis auf geringfügige Korrekturen identisch mit der Fassung vom 12.04.2006).
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a)   Beim heutigen deutschen Durchschnittsheiden dürfen wir nicht mehr davon ausgehen, daß er ein biblisches Grundwissen besitzt. Er wird daher fast nie in der Lage sein zu erkennen, wo Bibelzitate aus dem Zusammenhang gerissen wurden.

b)   Hier geht die „Hoffnung für alle“ sogar mit der „Neue-Welt-Übersetzung“ der Zeugen Jehovas konform.

c)   Es ist allerdings bezeichnend, daß solch klare Aussagen, die den Irrlehren Roms und z.T. auch der evangelischen Kirchen widersprechen, angesichts der fortschreitenden Ökumenisierung von ProChrist im Traktat „Vier Vorteile des Glaubens“ (2003 und 2006) überhaupt nicht mehr vorkommen (dieses kann man leider wirklich nur noch als ein an­deres Evangelium bezeichnen).

d)   Der Begriff „Entscheidung“ trifft jedoch den biblischen Sachverhalt nur unzureichend, denn eine Entscheidung setzt völlige Wahlfreiheit voraus; diese ist aber beim sündigen Menschen so nicht gegeben, da er ein Feind Gottes ist.

e)   Das glaubt jeder fromme Katholik zu tun, wenn er in der Messe seinen „Jesus“ ißt (d.h. die geweihte Hostie)!