Deutsche Bibelübersetzungen: Ein Überblick

Über einen Mangel an deutschen Bibelübersetzungen kann man sich nicht beklagen, über deren Qualität allerdings schon oft. Die Frage ist nämlich, wie weit diese Übersetzungen das Original zuverlässig und gut verständlich wiedergeben. In der folgenden kurzen Gegenüberstellung soll dem Bibelleser eine kleine Handreichung geboten werden.

(Die vorliegende Fassung ist nicht mehr auf dem aktuellsten Stand, da einige der darin besprochenen Übersetzungen zwischenzeitlich überarbeitet wurden. Wann ich diesen Artikel aktualisieren kann, ist derzeit leider noch nicht abzusehen.)

1. Wortgetreue Übersetzungen

Übersetzung

Kurzbeschreibung

Luther, revidierte Fassung von 1964 (AT) und 1984 (NT). Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1984 u. ff.

Der Klassiker. Wenn auch manchmal ungenau, ist die Lutherbibel doch grundsätzlich eine wortgetreue Übersetzung. Kraftvolle, melodische Sprache, die gut zum Auswendiglernen geeignet, aber auch oft schwer verständlich und altertümelnd ist; gegenüber der NT-Revision von 1975 eindeutig ein Rückschritt. Diese bot ein verständliches, flüssiges Deutsch und traf den Sinn meist gut, wenn auch nicht immer. Der Rat der EKD zog sie zurück, da manche Traditionalisten jammerten, das schöne alte Lutherdeutsch sei mit ihr verloren gegangen. Hätte man sich jedoch an Luthers eigene Grundsätze gehalten, der in seinem „Sendbrief vom Dolmetschen“ schrieb, man solle dem Volk aufs Maul schauen und nicht wie die Esel am Buchstaben festhalten, sondern deutsch reden, wäre uns eine recht gute Übersetzung des NT erhalten geblieben.

Das AT ist nach wie vor auf dem Stand der Textrevision von 1964. In dieser wurden zwar manche Übersetzungsfehler beseitigt (etwa die „Einhörner“ in Ps 22,22), andere hingegen beibehalten (z. B. „ich will dich mit meinen Augen leiten“ in Ps 32,8 – nein, Gott zwinkert uns nicht zu; er behütet seine Kinder). In puncto Verständlichkeit ist der Luthertext von 1964 zwar besser als der von 1912, wirkt aber mittlerweile auch schon recht altertümelnd.

Vorsicht: Die Wort- und Sacherklärungen im Anhang der Luther 1984 sind z. T. von Bibelkritik, Ökumene und Sakramentalismus geprägt.

Fazit: Geeignet für solche, die des alten Lutherdeutsch mächtig sind und Anhänge und Erklärungen nicht lesen, denn diese vermitteln z. T. kräftige Irrtümer.

Luther, revidierte Fassung von 1912, neu überarbeitet 1998 (NT).a CH-Buttikon: La Buona Novella, 1998.

Erfreulich: Diese Ausgabe enthält keine bibelkritischen oder sakramentalistischen Erklärungen usw. wie die Luther 1984. Was die Sprache betrifft, ist sie aber eine große Enttäuschung: der Text von 1912 wurde nämlich nicht in Hinblick auf eine bessere Verständlichkeit überarbeitet, sondern um ihn dem sog. „Textus Receptus“b anzugleichen. So läßt man den Leser mit der lapidaren Bemerkung im Regen stehen: „Da sich der ernsthafte Leser weitgehend in die Sprache einer Bibel hineinzulesen vermag..., haben wir die kräftige Luthersprache grundsätzlich in einer alten Form belassen...“c

Das aber hilft denen nicht, für die Lutherdeutsch und Bibel Neuland sind. Luther übersetzte die Bibel nicht, damit die Menschen noch Jahrhunderte später sein Sprachgenie bewundern können, sondern um ihnen Gottes Wort klar und deutlich in ihrer Muttersprache zu geben.

Fazit: Nur für Liebhaber des alten Lutherdeutsch und des „Textus Receptus“ geeignet; für Normalsterbliche oft unverständlich.

Elberfelder Bibel, alte Fassung. Letzte Überarbeitung um 1930, seitdem mehrfach unverändert neu aufgelegt. Witten: R. Brockhaus (früher Wuppertal-Elberfeld).

Durch und durch bibeltreu, sehr wortgetreu, hierin der Lutherbibel oftmals überlegen; allerdings wird der deutschen Sprache (besonders im NT) nicht selten Gewalt angetan, etwa durch die allzu wörtliche Wiedergabe griechischer Partizipien. Dies muß beim Leser Mißverständnisse geradezu provozieren, da sich der griechische Sprachgebrauch vom deutschen in manchem unterscheidet. Gelegentlich führt die allzu buchstäbliche Übersetzung auch zu Ausdrücken, die im Deutschen komplizierter sind als im Original. Die Elberfelder Bibel klingt hierdurch oft hölzern, was für das Auswendiglernen von Bibelversen hinderlich ist. Durch ihre inzwischen veraltete Sprache ist sie z. T. nur noch schwer verständlich.

Im AT wird der Eigenname Gottes zu „Jehova“ verballhornt (obwohl die damaligen Herausgeber wußten, daß dies falsch ist!). Im NT klingt bei der alten Elberfelder Bibel deutlich die Lehre der „exklusiven Brüder“ über die Gemeinde durch: statt „Gemeinde“ wird stets „Versammlung“ übersetzt.

Fazit: Die wohl wortgetreueste deutsche Übersetzung, geeignet für tiefgehendes Bibelstudium. Ihr veraltetes und vor allem im NT schlechtes Deutsch, das besonders für Außenstehende oft kaum verständlich ist, mindert ihren Wert jedoch deutlich.

Elberfelder Bibel, überarbeitete Version der alten Fassung (ÜEB). Hückeswagen: Christliche Schriftenverbreitung, 2003.

Eine Überarbeitung der alten Elberfelder Bibel, die als Alternative zur revidierten Elberfelder Bibel gedacht ist. Veraltete Worte wurden ersetzt, auch steht nun im AT endlich nicht mehr „Jehova“, sondern „HERR“. Sonst hält sich die ÜEB recht eng an die alte Elberfelder (z. B. steht im NT weiter „Versammlung“). Besonders im NT gibt es leider nur wenige Fortschritte bei der Verständlichkeit, da unnötig komplizierte Satzstrukturen vielfach beibehalten wurden.

Was verwundert: als Textgrundlage für das NT wurde ein Kompromiß zwischen dem Nestle-Aland-Text und der TR-Ausgabe der Trinitarian Bible Society (London)d gewählt. In Einzelfällen steht die ÜEB daher dem TR näher als die alte Elberfelder Bibel. Uneinheitlich und undurchsichtig sind dabei die Angaben abweichender Lesarten. Zudem steht an manchen Stellen, wo die ÜEB traditionelle Texte bietet, die aber nicht zum Original gehören (z. B. Mk 16,9-20 und Joh 7,53-8,11), nicht einmal ein entsprechender Hinweis.

Fazit: Steht zwischen alter und revidierter Elberfelder. Die Sprache ist verständlicher als die der alten Elberfelder, aber immer noch verbesserungsbedürftig (ebenso die Textgrundlage des NT). Wer die alte Elberfelder noch nicht hat und sie sich zulegen will, ist mit dieser Überarbeitung gut bedient.

Revidierte Elberfelder Bibel (REB). NT seit 1974, AT seit 1985. Zuletzt 1993 überarbeitet. Witten: R. Brockhaus.

Sehr wortgetreue Übersetzung, bibeltreu, sprachlich gegenüber der alten Elberfelder verbessert. Allerdings wäre auch hier ein besseres Deutsch geboten: Die Verständlichkeit leidet nach wie vor (besonders im NT) an einer übertriebenen Buchstäblichkeit, wenn auch nicht so stark wie in der alten Elberfelder (Luther, Schlachter oder Menge sind hier oft treffender und eleganter). In Einzelfällen ist die jüngste Revision sogar noch unverständlicher als die vorherigen. Leider sind neben Korrekturen auch Fehler hinzugekommen, vor allem im AT. Hier ist die alte Elberfelder Bibel oft besser als die revidierte, die zudem an einigen schwierigen Stellen die Septuaginta (d. i. die älteste griechische Übersetzung des AT) dem hebräischen Text vorzieht.e

Die REB bietet zahlreiche Anmerkungen, Erklärungen und Querverweise, was für den Gebrauch als Studienbibel hilfreich ist. Einige Anmerkungen enthalten jedoch auch Irrtümer,f und im NT hätte man es sich getrost schenken können, zu jedem Vorkommen des Wortes „Gemeinde“ die Fußnote „oder: Versammlung“ zu setzen.

Fazit: Eine der wortgetreuesten deutschen Übersetzungen, gut zum Bibelstudium geeignet, aber nicht zum Vorlesen in der Gemeinde, da man deutliche Abstriche bei Sprachqualität und Verständlichkeit machen muß.

Konkordantes NT. Pforzheim: Konkordanter Verlag, 1986.g

Gibt es etwas buchstäblicheres als die Elberfelder Bibel? In der Tat: das „Konkordante NT“. Jedoch irrt man sich, wenn man diese Buchstäblichkeit mit Genauigkeit gleichsetzt. Wenn jedes griechische Wort möglichst immer (!) mit dem selben deutschen Wort übersetzt wird, kommt es oft zu sehr merkwürdig klingenden Sätzen – aber auch dadurch, daß die Herausgeber der Allversöhnungs-Irrlehre anhängen.

Fazit: Tut dem Deutschen Gewalt an, geprägt von Pseudo-Genauigkeit und schwerwiegenden Irrlehren. Abzuraten.

Die Heilige Schrift, übersetzt von Hermann Menge. Neuausgabe in Antiquaschrift. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1994.h

Hermann Menge (1841-1939) war einer der führenden Altphilologen seiner Zeit. Seine Übersetzung besticht durch gleichzeitige Worttreue und gutes Deutsch. Bibeltreu, viele hilfreiche Erklärungen, gut für Studienzwecke geeignet. Dadurch, daß die Erklärungen mitten im Text stehen statt in Fußnoten, wird der Lesefluß leider z. T. erheblich gestört. Sprachlich leicht veraltet (besonders im NT), aber meist noch gut verständlich. In 1Kor 6,11 + 12,13 wird allerdings durch Fehlübersetzung der Sakramentalismus unterstützt.

Fazit: Von o. g. Schwachpunkten abgesehen hervorragend; sehr empfehlenswert!

Die Heilige Schrift, übersetzt von Franz Eugen Schlachter. Revision von 1951. Genf: Verlag „Haus der Bibel“ (Genfer Bibelgesellschaft).

Bibeltreu, wortgetreu; elegante und kraftvolle Sprache. Meist treffend, gelegentlich ein wenig ungenau. Die „Schlachter“ war vor rund 100 Jahren eine der besten deutschen Übersetzungen, ist heute aber sprachlich veraltet. Sie wurde durch die „Version 2000“ abgelöst, ist aber als Buch noch beim „Haus der Bibel“ (Genfer Bibelgesellschaft) erhältlich sowie als Teil verschiedener Bibelsoftware-Pakete.

Schlachter, Version 2000. Genf: Genfer Bibelgesellschaft; Bielefeld: CLV, 2002 (NT seit 1999).

Gegenüber der Revision von 1951 ein großer Fortschritt in der Verständlichkeit. Bibeltreu, wortgetreu; meist flüssiges, gutes Deutsch. Des öfteren leidet die sprachliche Eleganz dieser Revision jedoch (anders als das Original) unter einer an die Elberfelder Bibel erinnernde Buchstäblichkeit. Auch wurden manche Übersetzungsfehler der alten Schlachter-Bibel nicht korrigiert. Die „Version 2000“ bietet in Fußnoten meist gute Erklärungen zum Text (es hätten gerne mehr sein dürfen). In einigen Ausgaben finden sich sehr gute, bibeltreue Einleitungen zu den jeweiligen Büchern der Bibel.

Dem NT liegt – im Gegensatz zu Schlachters ursprünglicher Übersetzung – der „Textus Receptus“ zu Grunde (vgl. die Anmerkung zur Buona-Novella-Revision der Luther 1912). Dem des Griechischen unkundigen Leser sei daher zur Kontrolle die REB oder Luther 1984 empfohlen, die sich weitgehend an den Nestle-Aland-Text halten.

Fazit: Bibeltreu, wortgetreu; meist gutes, flüssiges Deutsch. Die Textgrundlage des NT ist dringend verbesserungsbedürftig. Ansonsten sehr empfehlenswert.

Einheitsübersetzung. Freiburg i. Br.: Herder, 1980.

Die Einheitsübersetzung wurde geschaffen, um die verschiedenen katholischen deutschen Übersetzungen, die es bis dahin gab, durch eine einheitliche Ausgabe zu ersetzen. NT und Psalmen wurden von einem evangelisch-katholischen Komitee gemeinsam erarbeitet.i Die Übersetzung bietet zwar ein elegantes, gehobenes Deutsch, ist aber tendenziös katholisch, etwa durch Fehlübersetzungen, die Sakraments-Irrlehren und kirchliches Amtsdenken unterstützen.

Zu jedem biblischen Buch gibt es eine bibelkritische Einleitung; außerdem begegnen dem Leser auf nahezu jeder Seite glaubenszersetzende, bibelkritische Kommentare. Anders hingegen bei den Apokryphen: diese werden natürlich als zur Bibel gehörend verteidigt, da sie röm.-kath. Irrlehren unterstützen (und deshalb auch quer über das AT verteilt, damit beim Leser der Eindruck entsteht, daß sie zum biblischen Kanon gehören).

Im AT haben die Übersetzer den hebräischen Text häufig willkürlich durch die Septuaginta „korrigiert“, was ebenfalls nicht die Zuverlässigkeit fördert (anders als bei der rev. Elberfelder wird der Leser der Einheitsübersetzung in solchen Fällen fast nie informiert, wie der hebräische Text lautet).

Fazit: Elegantes, gehobenes Deutsch, oft treffend, oft aber auch irreführend. Besonders die Anmerkungen sind extrem bibelkritisch, ökumenisch, sakramentalistisch, katholisch. Abzuraten.

Neues Testament mit Anmerkungen, übersetzt und erklärt von Heinz Schumacher. Holzgerlingen: Hänssler, 2002.

Heinz Schumacher versucht in seiner Übersetzung, die Balance zwischen Wort- und Sinntreue zu halten, was ihm oft gelingt. Die Sprache ist recht gut verständlich, vereinzelt finden sich aber auch altertümelnde Ausdrücke.

Allerdings tritt an Bibelstellen, die das Gericht Gottes behandeln, z. T. deutlich hervor, daß Schumacher der Irrlehre der Allversöhnung anhängt. Besonders seine Anmerkungen zu Mt 25,41ff kann man nur tendenziös und irreführend nennen.j Sie dürften geeignet sein, den Glauben mancher unbefestigter Leser zu zerstören. Trotz ihrer o. g. Vorzüge kann diese Übersetzung deshalb nicht guten Gewissens empfohlen werden.

Neue Deutsche Übersetzung. Nürnberg: VTR (noch nicht erschienen)

Diese Ausgabe ist zwar noch nicht erschienen, dürfte aber (wenn das Gesamtwerk den bisher veröffentlichten Leseproben entspricht) eine wortgetreue Übersetzung mit zugleich gutem Deutsch werden. Als Grundlage des NT dient der sog. Mehrheitstext, der die griechische Handschriftenüberlieferung des Hochmittelalters widerspiegelt. Er enthält zwar nicht so viele Fehler wie der TR, weicht aber auch gelegentlich vom Urtext ab. Die Verwendung einer besseren Textgrundlage wäre daher wünschenswert.



2. Freie Übertragungen

Übersetzung

Kurzbeschreibung

Gute-Nachricht-Bibel (GNB). Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1997.

Neu überarbeitete Fassung der vormaligen „Guten Nachricht“. Deren gröbste Fehler wurden zum Teil korrigiert, doch blieb der Gesamtcharakter erhalten: Ein flüssiges, leicht verständliches Deutsch, wie es der „Mann auf der Straße“ heute spricht – mit z. T. starker Verwässerung der biblischen Botschaft. Nicht nur die Sacherklärungen im Anhang (sie sind mit denen der Luther 1984 identisch), sondern auch manche Formulierungen im Text selbst sind von Bibelkritik und Sakramentalismus geprägt. Zwar finden sich oft auch treffende Ausdrücke, doch eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer.

Fazit: Aktuelle, verständliche Sprache, aber starke Sinnverfälschungen; bibelkritisch, ökumenisch, sakramentalistisch. Abzuraten.

Hoffnung für alle (Hfa). Revidierte Ausgabe. Basel; Gießen: Brunnen, 2002

Als bibeltreue Alternative zur GNB wurde die Hfa eingeführt; diesem Anspruch wird sie leider nicht gerecht. Zwar hat sie keine bibelkritischen Anmerkungen, doch verfälscht auch die Hfa wichtige biblische Lehren stark (sogar die GNB gibt den Textsinn oft zuverlässiger wieder). Einige dieser Fehler wurden zwar in der jüngsten Revision behoben, doch wurde die Qualität der Hfa insgesamt dadurch nur wenig verbessert.

Beispiele: Die Rechtfertigung allein aus Gnade durch den Glauben ist in 1Mo 15,6 und Röm 4,3+5 nicht mehr wiederzuerkennen (von Gott für gerecht erklärt zu werden ist schon mehr als nur „Gottes Anerkennung“ zu finden, wie es die Hfa ausdrückt). Die Hfa unterstützt auch „Sakraments“-Irrlehren wie Heilswirksamkeit der Taufe (Röm 6,3ff); Zugehörigkeit zum Leib Christi durch die Taufe (1Kor 12,13); Taufwiedergeburt (Tit 3,5); Gleichsetzung von Abendmahlsbrot und -wein mit Leib und Blut Christi (1Kor 11,27-29).

Fazit: Neo-evangelikal, sakramentalistisch, oft unzuverlässig und starke Verfälschung des Wortsinns. Abzuraten.

Neues Leben: die Bibelübersetzung“ (NLÜ). Holzgerlingen: Hänssler, 2002 (NT, Psalmen, Sprüche) und 2005 (Vollbibel).

Anmerkung: Der folgende Text bezieht sich noch auf die Ausgabe von 2002 mit NT, Psalmen und Sprüchen. Die Vollbibel-Ausgabe hoffe ich in Zukunft genauer untersuchen zu können.

Vorbild der NLÜ ist die englische „New Living Translation“ (wörtl.: „neue lebendige Übersetzung“). Sie bietet ein zeitgemäßes Deutsch und trifft den Sinn besser als die Hfa, ist aber ebenfalls manchmal ungenau (oft steht jedoch eine wörtliche Übersetzung in einer Fußnote).

Gelegentlich stolpert man über geradezu skurrile Ausdrücke wie „Zeremonienmeister“ in Joh 2,8f (nein, Jesus war kein Freimaurer...!) oder „böse Wölfe“ in Apg 20,29. Nach den Gebrüdern Grimm klingt auch Luk 16,19: Die Geschichte des reichen Mannes und des armen Lazarus leitet die NLÜ mit der klassischen Märchenformel ein: „Es war einmal...“

Bedenklich ist, daß auch die NLÜ einige Stellen so wiedergibt, als würde man durch die Taufe Christ (1Kor 12,13), gerettet (1Pet 3,21) oder von Sünden gereinigt (Eph 5,26).

Fazit: Die NLÜ ist genauer als die Hfa, aber auch nicht immer zuverlässig (in Einzelfällen sakramentalistisch). Will man sie benutzen, sollte man eine wortgetreue Übersetzung zum Vergleich heranziehen.

Die Bibel, übersetzt und erklärt von Hans Bruns. 13. Auflage. Basel; Gießen: Brunnen, 2001.

Einfache, leicht verständliche Sprache, aber oft ungenau. In Zwischenabsätzen werden zahlreiche Anmerkungen eingefügt, die teils gut und erbaulich, teils mittelmäßig, an einigen Stellen jedoch auch von Bibelkritik geprägt sind. Eine Empfehlung kann daher nicht ausgesprochen werden.

Neue Genfer Übersetzung (NGÜ; bisher nur Teile des NT). Genf: Verlag „Haus der Bibel“ (Genfer Bibelgesellschaft).

Die NGÜ versucht, die Verständlichkeit einer freien Übertragung mit größtmöglicher Genauigkeit zu verbinden. Die Verständlichkeit ist wohl gegeben, die Genauigkeit läßt jedoch manchmal zu wünschen übrig. Oft umschreibt die NGÜ den Text weitschweifig, wo man ihn auch prägnanter auf den Punkt bringen könnte. Positiv hervorzuheben ist allerdings, daß Einschübe in den Text auch als solche gekennzeichnet sind.

Die Fußnoten und Anmerkungen sind mehr oder weniger hilfreich. Da sie in ihrer Fülle eher vom Text ablenken, sollten sie auf ein überschaubares Maß reduziert werden. Einige Fußnoten bieten Übersetzungsmöglichkeiten, die man nach gründlicher Exegese eigentlich ausschließen muß. Das ist für den Leser eher verwirrend als hilfreich. Gewöhnungsbedürftig, aber nicht unbedingt falsch ist, daß die NGÜ Christen beiderlei Geschlechts „Geschwister“ statt „Brüder“ nennt. Die Arbeit an der NGÜ verzögert sich seit langem, so daß bisher nur eine Teilausgabe des NT vorliegt.

Fazit: Bibeltreue Grundhaltung, gut verständlich, aber auch manchmal ungenau. Mit Einschränkungen empfehlenswert. Noch unvollendet.

Neue evangelistische Übersetzung (NEÜ; z. Zt. nur NT, AT in Arbeit). Hammerbrücke: Jota Publikationen; Dillenburg: Christliche Verlagsgesellschaft, 2004.

Was GNB und Hfa sein wollen, kann die NEÜ schon eher für sich in Anspruch nehmen: eine Übertragung in heutiges Deutsch, die den Sinn des Originals zuverlässig wiedergibt. Allerdings wäre es weder dem Niveau noch der Verständlichkeit der NEÜ abträglich gewesen, wenn man auf die allzu umgangssprachliche Ersetzung des Genitivs durch „von“ + Dativ verzichtet hätte.

Die NEÜ gibt den Text oft sehr frei wieder; die zahlreichen Einschübe in den Text werden nicht als solche gekennzeichnet. In Einzelfällen kommt es zu Sinnveränderungen, was sich jedoch in Grenzen hält. Christen beiderlei Geschlechts werden „Geschwister“ genannt; wo es um Leiter der Gemeinde geht, bleibt die NEÜ aber konsequent bei „Brüder“.

Viele Fußnoten mit Anmerkungen verhelfen dem Leser zu einem besseren Verständnis des Bibeltextes und seines geschichtlichen Umfeldes. Für ein gründliches Bibelstudium ist die NEÜ jedoch laut Verfasser nicht gedacht, sondern vielmehr für den Erstkontakt mit der Bibel. Dennoch lohnt sich ihre Lektüre auch für „alte Hasen“, da man so auf Dinge stoßen kann, die man bisher überlesen hat.

Fazit: Bibeltreu, im Großen und Ganzen sinngetreu, teilweise etwas ungenau. Als Ergänzung zu einer wortgetreuen Übersetzung empfehlenswert.



Zusammenfassung

Die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“ gibt es auch bei den deutschen Bibelübersetzungen nicht. Doch ist es nicht so, daß dadurch dem deutschsprachigen Bibelleser, der die biblischen Sprachen nicht beherrscht, der Sinn des Wortes Gottes verschlossen bliebe. Dem Leser sei folgendes empfohlen:

  1. Benutzen Sie mehrere wortgetreue Bibelübersetzungen (Elberfelder, Menge, Schlachter, Luther) und vergleichen Sie diese miteinander.

  2. Verwenden Sie gute, bibeltreue Kommentare (solche gibt es auf deutsch leider nur wenige) und Bibellexika (Fritz Rienecker, Lexikon zur Bibel oder Das große Bibellexikon [R. Brockhaus / Brunnen]). Wertvolle Hilfsmittel sind Konkordanzen und Wörterbücher; auch entsprechende Computerprogramme haben sich als sehr hilfreich erwiesen.

  3. Von den meisten freien Übertragungen ist eher abzuraten, besonders von der „Gute-Nachricht-Bibel“ und der „Hoffnung für alle“, da sie in der Regel mehr die (oft falschen) Gedanken ihrer Übersetzer als den Sinn des Originals wiedergeben.



Fassung vom 15.10.2007.

© 2007 beim Verfasser. Unentgeltliche Verbreitung des unveränderten Textes ist ausdrücklich erlaubt.

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a)   Es gibt auch Vollbibeln dieser Ausgabe; sie enthalten im AT den herkömmlichen Luthertext von 1912.

b)   So nennt man die Form des griechischen Textes, die zur Reformationszeit vorlag und auf Erasmus von Rotterdam zurückgeht. Obwohl der „Textus Receptus“ (nachfolgend: TR) nachweislich Fehler enthält, halten manche ihn für identisch mit dem Urtext. Für weitere Informationen hierzu siehe die Schrift Verfälschter Urtext? vom selben Verfasser. Eine ausführliche Untersuchung bietet Martin Heide, Der einzig wahre Bibeltext?, 5., verbesserte und erweiterte Auflage (Nürnberg: VTR, 2006).

c)   Aus dem „Begleitwort zum Text des Neuen Testaments“ des Buona-Novella-NT, S. 480.

d)   D. i. ein Neudruck des Ende des 19. Jahrhunderts von Scrivener besorgten Griechischen NT, welches die Textauswahl wiedergibt, die der englischen „Authorized Version“ („King-James-Bibel“) von 1611 (!) zugrunde lag. Das Griechische NT der Trinitarian Bible Society ist keine wissenschaftliche Ausgabe; es enthält (anders als die King-James-Bibel selbst) keine Angaben über abweichende Lesarten anderer Handschriften und ist zur Ermittlung des Urtextes daher denkbar ungeeignet.

e)   Dies ist allerdings kaum ratsam, denn teilweise ist die Septuaginta fehlerhaft. Der hebräische Text hingegen hat sich ihr gegenüber (auch und gerade an schwierigen Stellen) immer wieder als überlegen und zuverlässiger erwiesen; nur in äußerst seltenen Einzelfällen kann man dort von Textverderbnis sprechen. Wo die revidierte Elberfelder Bibel vom hebräischen Text abweicht, bietet sie jedoch – anders als etwa die Einheitsübersetzung – in einer Fußnote dessen Lesart bzw. einen Übersetzungsversuch.

f)    Etwa die Anmerkung zu 1Mo 1,6-8, das mit „Wölbung“ übersetzte hebr. Wort sei von „breithämmern“ abgeleitet und bedeute „gehämmerte Platte oder Schale, eine nach allen Seiten ausgeweitete Fläche oder Wölbung“. Daß dies nicht zutrifft, zeigt Walter Hilbrands, „Ein veraltetes Weltbild im biblischen Schöpfungsbericht? Raqia im Alten Testament“, Wort und Wissen Diskussionsbeiträge 1/2001 (Baiersbronn: Studiengemeinschaft Wort und Wissen, 2001). Dieser Artikel kann bei www.wort-und-wissen.de kostenlos aus dem Internet geladen werden.

g)   Diese Bibelübersetzung konnte nicht direkt überprüft werden; der Verfasser folgt hier Kurt Weber, Bibelübersetzungen unter der Lupe: Ein Wegweiser für Bibelleser, 2. Aufl. (Aßlar: Schulte+Gerth, 1985; nicht mehr im Buchhandel erhältlich).

h)   Bedauerlicherweise verlangt die Deutsche Bibelgesellschaft für die Menge-Bibel den recht hohen Preis von 45 Euro. Die 1986 im Verlag Schweizerische Glaubensmission deutscher Zweig e.V. erschienene preisgünstige Sonderausgabe ist leider vergriffen.

i)    Mittlerweile ist die evangelische Kirche aber wieder aus diesem Projekt ausgestiegen, da die römisch-katholische Kirche verlangt hatte, daß die lateinische Vulgata statt des hebräischen bzw. griechischen Urtextes als Maßstab gelten sollte. Das war dann selbst für liberale evangelische Theologen zu viel...

j)    Schumacher behauptet dort, die Strafe der Gottlosen diene zu ihrer Besserung und sei zeitlich befristet. In anderweitigen Veröffentlichungen bekennt er sich noch deutlicher zur Allversöhnung. – Da eine ausführliche biblische Widerlegung dieser Irrlehre den Rahmen der vorliegenden Schrift sprengen würde, sei z. B. auf folgendes Buch verwiesen: Hans-Werner Deppe, Wie wird es in der Hölle sein? (Oerlinghausen: Betanien, 2005).